Das AKP-Regime geht weiter massiv gegen kritische Medien in der Türkei vor. Vorgestern, am 28.8., wurde per Dekret ein Ausstrahlungsverbot für zehn Fernsehsender verfügt, darunter der oppositionelle Sender „Hayatin Sesi“, das alevitische Programm „TV10“ und der kurdische Zeichentrickkanal „Zarok TV“. DIDF, eine auch hierzulande aktive Föderation demokratischer Arbeitervereine mit Mitgliedern vornehmlich aus der Türkei, erklärte am 29.9. zu diesen Maßnahmen: „Nun erreicht diese Repression mit der Schließung von zehn weiteren regierungskritischen Sendern ein neues Ausmaß an antidemokratischen und diktatorischen Maßnahmen. Unter diesen Sendern ist auch Hayatin Sesi TV, der für seine kritischen Beiträge und die unermüdliche Berichterstattung über Menschenrechtsverletzungen und andere wichtige demokratische Themen bekannt ist.“
Oppositionelle Stimmen sollen schweigen
Der Programm-Koordinator von Hayatin Sesi TV, Arif Koşar, erklärte, die AKP wolle ein Einparteiensystem und eine Ein-Mann-Diktatur in der Türkei etablieren. Der aktuelle Schritt der AKP liefere dafür lediglich einen weiteren Beweis. „Oppositionelle Stimmen sollen zum Schweigen gebracht werden und das Ausstrahlungsverbot macht nochmal deutlich, dass man als Oppositioneller in der Türkei derzeit keine Sicherheit genießt“, so Koşar.
Auch ein Sprecher des alevitischen Fernsehsenders TV 10 bewertete in einer ersten Reaktion das Ausstrahlungsverbot als Teil einer Gleichschaltungs- und Assimilationspolitik der AKP gegen die alevitische Glaubensgemeinschaft. „Wir haben die Kultur, die Stimmen, die Probleme und die Forderungen der Aleviten zum Thema unseres Fernsehprogramms gemacht“ – die Stimme der Aleviten solle nun zum Schweigen gebracht werden.
Besonders grotesk erscheint das Verbot von Zarok TV. Der Sender mit Sitz in Diyarbakir hatte ausschließlich international bekannte Zeichentrickserien wie „Die Schlümpfe“ oder die „Biene Maja“ ins Kurdische synchronisiert und ausgestrahlt. „Unsere einzige Schuld ist, dass wir in kurdischer Sprache Zeichentrickserien gesendet haben“, empärte sich Dilek Demiral, die Leiterin von Zarok TV, über das Verbot.
Rückenwind aus Europa für türkische Medienzensur?
Wie weit der Arm des türkischen Regimes offenbar reicht, zeigte – einen Tag nach den Verboten in der Türkei selbst – die skandalöse Aufforderung des französischen Satellitenbetreibers EUTELSAT an andere europäische Satellitenbetreiber, den Sendeplatz des kurdischen Fernsehkanals MedNuve TV zu streichen, wie der betroffene Sender selbst berichtet. Die Aufforderung dazu sei von der AKP-Regierung gekommen. Rückenwind für die Medienzensur des Autokraten Erdogan vom weltweit drittgrößten Satellitenbetreiber?
Am Samstag Protestkundgebungen
Aus Protest gegen die Unterdrückung der Medien- und Meinungsfreiheit in der Türkei ruft DIDF in mehreren deutschen Großstädten, darunter Stuttgart und München, am morgign Samstag zu Protestkundgebungen gegen die Schließung der oppositionellen Fernsehsender und für eine demokratische Türkei auf:
„Unsere Solidarität gilt den demokratischen und fortschrittlichen Kräften in der Türkei, die selbst unter solchen Umständen, den Mut und den Willen aufbringen ihrer journalistischen Tätigkeit nachzugehen. Eines steht fest, Fernsehsender, die mit der Unterstützung der arbeitenden Bevölkerung aufgebaut wurden, lassen sich durch diese Angriffe nicht einschüchtern. Die Stimme der in der Türkei lebenden Völker kann nicht stumm geschaltet werden.“
J. Geiger
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