Ein Nachruf auf Stefan Frommherz

14. Juli 2022  Allgemein

Unser Genosse Stefan Frommherz ist tot. Ein schlicht unverständlicher Satz. Stefan war immer da, immer am machen, immer in Eile, immer fordernd: Und jetzt ist er weg. Von einem Tag auf den anderen…

Wir, die LINKE im Kreis Konstanz, haben mit ihm einen ebenso streitlustigen wie engagierten, ebenso umtriebigen wie fahrigen Teil unserer selbst verloren, der nicht ersetzt werden kann. Es ist aber nicht nur unser Verlust, der Schwund reicht weiter und geht tiefer: Er war Teil dieser Stadt, ihrer Geschichte und Gegenwart, die er mitgeprägte, zu unzähligen Gelegenheiten, an verschiedensten Orten und mit unterschiedlichsten Menschen und Gruppierungen. Viele dieser Geschichten und Erlebnisse werden von uns und Anderen erzählt werden: Stefans Leben kann nur ein unübersichtliches Patchwork vieler verschiedener Begegnungen, Erzählungen und Erlebnisse gerecht werden, das seinen überbordenden Aktivismus vermutlich auch nicht einfangen kann, aber zumindest ein Bild dieses ruhelosen Mannes vermittelt.

Wir kannten Stefan vor allem aus seinem Engagement in und für die LINKE. Dabei war das Verhältnis von Stefan und der Partei nie ein einfaches: Er tat sich mit der institutionalisierten Form, ihren Reglements und Bürokratien schwer; und die Partei forderte er stark mit seinem beständigen Willen, etwas zu machen und möglichst viele Gruppen und Initiativen einzubinden. So konnte der Plan eines simplen Sommerfestes in Stefans Geist recht schnell die Form eines dreitägigen Festivals annehmen, das als Treffen der gesellschaftlichen Linken ihrer überregionalen Vernetzung dienen sollte … Vieles scheiterte, aber vieles wurde auch mehr oder weniger real. Nur als Beispiel vermochte es Stefan, in wenigen Tagen eine Veranstaltung zur Parlamentswahl in Frankreich aus dem Boden zu stampfen, die nicht nur das Festival der Solidarität ergänzte, sondern auch die Deutsch-Französische Vereinigung als Partner gewinnen konnte. Genau in solchen Projekten linker Basisarbeit vor Ort ging Stefan auf.

Aber auch nach den Rückschlägen und Barrieren, die das parteipolitische Engagement für einen Jeden und für eine Jede bereithalten, war er immer der erste, der mit seinem idealistischen Impetus tausend neue Pläne schmiedete. Immer wollte er ein wenig mehr, als er und wir tatsächlich vermochten. Stets war er es, der unsere Pläne in die Stadt und den Kreis tragen wollte, der AnsprechpartnerInnen kannte, Kontakte herstellte. Er verknüpfte verschiedene Seiten, Zeiten und Orte der Stadt, und blieb letztlich zutiefst verbunden mit der autonomen, linken Szene in ihren multiplen Facetten. Zu Hause blieb er, auch wenn er mittlerweile an einem anderen Ort in der Stadt lebte, in der Chérisy, deren Jubiläum er in seinen letzten Tagen noch mitfeiern konnte. Nur hier habe ich einen Stefan erlebt, den ein seliges Lächeln und eine entspannte Gelassenheit umgab.

Als Mensch war Stefan sicher kompliziert, jeder, der ihn näher kennen lernen wollte, brauchte ein gehöriges Maß an Durchhaltevermögen. Wir alle, die wir ihn auf Sitzungen erlebten, wissen um seinen einmaligen Stil, der Manche vor den Kopf stoßen konnte. Zugleich, und um diese Erfahrung bin ich, sind wir, glücklich, war hinter dieser Rolle ein anderer Stefan, ein warmherziger und humoriger, ein verständiger und sensibler, ein selbstkritischer und reflektierter Mensch, den wir schätzen lernten. Sein Schutzschirm machte es leider Vielen unmöglich, diese Seiten von Stefan kennenzulernen. Seine Ecken und Kanten verlor Stefan nie, er konnte einen immer noch mühelos zur Weißglut treiben: Weil wir ihn und er uns nach einem langen Prozess des gemeinsamen Wachsens zu nehmen wussten, blieben wir selbst im Dissens verbunden. Der Streit war gleichwohl nie das Ende des Abends: Ein gemeinsames Bier glättete alle Wogen. Das letzte Weizen müssen wir nun ohne ihn trinken.

Mit ihm haben wir einen Genossen verloren, einen Mitstreiter und, wie ich, wie wir hoffen sagen zu können, einen Freund. Die Rast, die er Zeit seines Lebens floh, hat ihn nun eingeholt.

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So long, Stefan

Tobias, Anke, Daniel, Kathleen und Sibylle


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